2004

Von Salome Sander

 Der 2003 geschaffene Skulpturenzyklus “die Zauberflöte” steht in der Kunstgeschichte ohne Vergleich: noch nie hat ein

bildender Künstler Mozarts Sujet komplett in Skulpturen umgesetzt. Es handelt sich um relativ kleine, aber sehr genau hergestellte Plastiken aus Terrakotta oder Ton, teilweise farbig, manche auch ganz in der Tonfarbe belassen. Eichner ist ein Meister der Miniatur, was er schon in seinen vielen Bronzen bewiesen hat. Mit seinen Plastiken aus Ton betrat er eine neue Ausdrucksform in seiner Kunst. Entstehung  Der Eichner beschäftigte sich seit Mitte 2002 intensiv mit Mozarts Zauberflöte. Den Anlaß dafür bot seine zweijährige kleine Tochter Anastasia, die ein außergewöhnliches Interesse an der Oper und an einem Bilderbuch hatte über die Zauberflöte zeigte. Fast täglich abends musste Eichner das Buch vorlesen, und täglich liefen über Monate CDs von der Zauberflöte. Im Herbst 2002 besuchte Eichner die Bonner Oper mit der Inszenierung der Mozartoper von Jürgen Rose- gemeinsam  mit seiner kleinen Tochter. 2001 sah er sich die Schwetzinger Inszenierung an. Thematische Schwerpunkte Chronologisch begann der Eichner mit der Skulptur  Papageno. Papageno ist der genußfreudige Vogelfänger und nimmt im Zyklus rein quantitativ eine besondere Stellung ein. Sein Initiationsweg ist ebenso kurz wie sein Gemüt einfach und klar strukturiert ist: als obere  halbe Kopfhälfte mit symbolisch langer Nase dargestellt beschäftigt er sich mit Vögeln und seinem Traum von Papagena, die zunächst in all ihrer Häßlichkeit, dann auf seinem Kopf thronend inmitten eines Vogelnestes präsentiert wird.In der Mozartoper trägt Papageno ein Schloß vor dem Mund und wird geprüft, ob er auch eine häßliche Papagena notfalls akzeptieren würde.Der Eichner stellt Papagena als viergesichtige Vogelfrau dar – sie ist Papageno zweifellos überlegen, beherrscht seine Gedanken, (thront auf seinem Kopf), und verfügt über die Reize der Versuchung und Fruchtbarkeit, symbolisiert durch die Schlange und die übergroßen Brüste.„Mozart hat übrigens das Allerheiligste der Zauberflöte -, nämlich das Papageno/Papagena- Duett - viele Monate vor der übrigen Partitur komponiert, weil es ihm vor allem anderen wichtig war, die Eintracht der Menschen zu besingen“ (Joachim Kaiser) Die besondere Beziehung zwischen Monostatos und Pamina stellt der Eichner in einer einzigen Skulptur dar, mit der er Rainer Riehns Interpretation sehr nahe kommt: „ Pamina hat ein Unterbewußtsein, das sich nach des Monostatos "Umarmung sehnt.“( J. Kaiser) Pamina ist in den Armen des Monostatos die ganz Hingegebene, die ganz und gern der Lust Ausgelieferte. Das Thema Eros und Lebenslust wird von Eichner als ein ganz wesentliches Thema herausgearbeitet- so z. B. auch bei Tamino mit den 2 Damen der Königin der Nacht. Die 2 Damen streicheln den bewußtlosen Tamino, während die 3. Dame den Kampf mit dem Drachen( bei Mozart die Schlange) aufgenommen hat- der Eichner stellt sie ohne  Arme dar. Das Thema Opfer wird hier angedeutet. Eichner lässt hier die Handlungsebene der Oper: Die 3. Dame bringt ein Opfer für die Liebe und begibt sich damit in besondere Nähe zu Tamino, der in der“ Wasserprüfung“ enorme charakterliche Kraft symbolisch offenbart. Das zentrale Thema „ die Liebe“ ist es, was an Mozarts Oper über Jahrhunderte hinweg fasziniert. Der Stoff liefert immer neue Fragen, die der Eichner präzisiert. Die Liebe in allen Facetten und emotionalen Qualitäten wird hier beleuchtet. Die Liebe zwischen Papageno und Papagena ist etwas ganz anderes als die zwischen Tamino und Pamina. Tamino und Papageno allerdings sind die Geprüften, die Agierenden, vor allem agieren beide auf eine bloße Vorstellung hin: Tamino bekommt das Bildnis der Pamina in die Hand, bei Papageno entsteht das Bild seiner Papagena im Kopf. Beiden reicht die Vorstellung von der Geliebten, den Prüfungsweg anzutreten. Pamina hingegen ist ganz Gefühl. Sie zeigt ihre echten, unmittelbaren Gefühle. In der Oper ist sie es auch, die bei der Begegnung mit Tamino zuerst ihre Gefühle offenbart: Eichner stellt diese Unmittelbarkeit und Unverfälschtheit einmal in ihrer kindlichen Nacktheit als Symbol ihrer charakterlichen Unberührtheit dar( mit Sarastro und Königin. Andererseits mit Monostatos Geilheit. Die Beziehung zwischen Sarastro und der Königin der Nacht ist das wichtigste Thema bei Eichner. Er stellt den Sarastro diametral entgegengesetzt  zu Mozarts Sarastro dar, greift einige Aspekte auf, die er aber völlig anders entwickelt: in Eichners Sarastro laufen alle® Fäden zusammen, Sarastro ist ein androgyner Priester, der über die Macht des Phallus und der Schlange verfügt. Er findet sich aber auch als alter Mann im Kleid des Vogelfängers im Tempel der Königin der Nacht. Hier werden Prinzipien vertauscht. Der oberste Priester der Eingeweihten findet sich unten im Tempel der Königin der Nacht. Die Psychologie C. G. Jungs von Anima und Animus wird hier künstlerisch aufgegriffen. Sarastro hat als junger Priester durchaus weibliche Anteile. Er repräsentiert die Liebe in erlöster Form, während die Königin der Nacht ganz von Rachegedanken beherrscht wird. Das Bindeglied, die gemeinsame Tochter Pamina, wird mit den Eltern in einem Kreis dargestellt, in dem okkult Neues entsteht. Erwähnenswert ist auch die Rolle Mann/ Frau, ein Thema, das Eichner bereits oft auf unterschiedlichste Weise bearbeitet hat. Der Mann ist der Agierende, am Ende Eingeweihte. Die Frau ist Anlaß zum handeln, ganz ihren (Lust) Gefühlen Ausgelieferte. Das trifft letztlich auch auf die drei Damen zu. Die Frau kann weder bei Mozart noch bei Eichner eingeweiht werden. Am deutlichsten zeigt sich dies in der Wasserprüfung, wo Pamina Tamino umklammert hält, ihn fast zurückhält von seinem Weg.Diese Geste, die Eichner hier zeigt, hat besondere Bedeutung, - bereits 1997 entstand die Bronze“ Familienname“. Auch dort hält die Frau den Mann von seinem Weg zurück. Der Skulpturenzyklus schließt sich bei Eichner nicht wie ein Kreis- manche Aspekte werden gar nicht aufgenommen, andere herausragen bearbeitet. Viel Fragen bleiben offen und das Wichtigste: viel neue Fragen werden gestellt. Die Polarität zwischen Sarastro als dem erlösten Archetyp und der Königin der Nacht als dem unerlösten Archetyp(C.G. Jung) bestimmt Anfang und Ende der Präsentation, bildet die Klammer, die alle Formen der Liebe umfaßt. Alle Aspekte, von der Begierde bis zur ideellen Liebe fließen bei Sarastro zusammen. Der aber hat bei Eichner androgyne Züge, er hat alles und hat alles gemeistert: deshalb ist er der Eingeweihte. Frage: Wo sind die Musikinstrumente in seiner Kunst? Antwort: Eichner ließ die Zauberflöte und das Glockenspiel einfach weg, weil es ihm nicht auf äußere Zeichen, sondern auf innere Werte der Figuren ankam. Er findet, daß diese Musikinstrumente als Plastik uninteressant sind und lässt sie ganz einfach außen vor.  Der Eichner hat für seinen Zyklus eine Materie gewählt, die es ihm gestatte, mit einem Material die unterschiedlichsten Aspekte herauszustellen. Fast alle Skulpturen sind in Terrakotta/ Ton gearbeitet, teils bemalt, teils unbemalt, einige aus Bronze. Die einzige Ausnahme bilden die 3 Damen, die möglicherweise in Bronze die 3 Prinzipien der Liebe verkörpern sollen. Frage? : „Wie ist die Stellung des Zyklus innerhalb des Oeuvres des Eichner“  Antwort: „Eichner setzt in dem Zyklus kontinuierlich seine Arbeit fort. Er bleibt der realistischen Darstellung mit seinen unendlichen Darstellungs-und Ausdrucksmöglichkeit treu“. Eichner hat das Thema Mann /Frau zunächst in vielen Ölgemälden umgesetzt. Seit 1963 beschäftigt er sich mit dem Thema.

Im Reich des Sonnenkreises

Der Eichner: „Die Zauberflöte" in Ton, Terrakotta und Bronze im Glasmuseum Rheinbach

Wolfgang Amadeus Mozart schrieb 1791 seine berühmte Oper „Die Zauberflöte", deren Melodien weltbekannt sind. Das Thema, die Beziehung zwischen Mann und Frau und ihre Liebe zueinander, sowie die Musik, Arien wie die des Papageno "Der Vogelfänger bin ich ja" oder des Tamino „Dies Bildnis ist bezaubernd schön" inspirierten den Maler und Bildhauer „Der Eichner" (eigentlich Hellmuth Eichner) zu seinem Skulpturenzyklus. Seine figurative Malerei der letzten Jahrzehnte findet ihre Fortsetzung in den Skulpturen von menschlichen Körpern und Fabelwesen. Die Dreidimensionalität der Malerei wird umgesetzt in lebendige plastische Objekte aus Ton, Terrakotta und Bronze. „In der Malerei muß die dritte Dimension ermalt werden, von der Malerei hin zur Skulptur ist ein einfacher Prozess", so Eichner über die Entstehung seiner jüngsten Werke, die ab 30.04. - 30.05.2004 in einer Ausstellung des Glasmuseums Rheinbach/Rheinbacher Glaspavillon „Hans-Schmitz-Haus" erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Noch befinden sich die Skulpturen auf Sockeln thronend in den hellen Ausstellungsräumen im Hause Eichner in Swisttal-Buschhoven.

 

 

 

 

darstellt macht er sie zum Opfer, so wie die Erfüllung in der Liebe gleichsam Opfer fordert. Die kämpfende Frau ohne Arme erinnert an das 1993-1994 gemalte Ölbild "Der Mensch ohne Beine" wo der Mensch als Opfer der Gesellschaft dargestellt ist. In der Terrakotta-Skulptur „Zwei der drei Damen mit Tamino" thematisiert EICHNER das weibliche Interesse an der makellosen männlichen Gestalt Taminos. Gekrümmt liegt die von den drei Damen getötete Schlange, vor der Tamino flüchtete und derentwegen er ohnmächtig wurde, am Boden Klassisch-griechische Gesichtszüge seiner Frauenporträts finden sich wieder bei den beiden Büsten „Tamino" (Terrakotta, Zement) und „Pamina" (Terrakotta, Zement). Die stehende in Bronzefigur „Eine der drei Damen" ist ähnlich wie seine „Kriegerin aus Pompeji" (1994) in Ausdruck und Körperhaltung. Ein luftig-transparentes Gewand umhüllt die hervortretenden Körperformen. Mit leicht nach vorne gebeugtem Oberkörper wirkt die weibliche Gestalt erotisch-graziös. Die Skulptur „Monostatos mit Pamina" (Terrakotta und Zement) verkörpert zugleich Begierde und lustvolle Hingabe in der Liebe. Anders als im Handlungsgeschehen der Oper scheint Pamina dem Drängen von Monostatos, dem Wächter in Sarastros Reich, willig nachzugeben.Im Gegensatz zur Mozartoper steht auch die Eichner-Darstellung in Ton „Tamino verhindert Paminas Selbstmord". Nicht die drei Knaben, sondern Tamino rettet Pamina, indem er ihr im letzten Moment das Schwert aus dem geöffneten Mund entreißt. Die Macht der Zauberflöte hilft ihm dabei. Sarastro, der Beherrscher des Sonnenkreises ist bei Eichner kein böser Dämon, in dessen Reich Pamina entführt wurde. Dargestellt als Herrscher über den Geheimbund der Eingeweihten, Selbstversunken lächelnd mit gütig ausgebreiteten Armen hält er ein Phallus-Symbol in der Hand. („Sarastro", Ton auf Zement. Er trägt sowohl weibliche als auch männliche Züge, denn in der patriarchalischen Kultur bedeutet die Frau auch zugleich das männliche Andere. In der Rolle des Vogelmenschen erscheint er schemenhaft im „Palast der Königin der Nacht" (Terrakotta und Zement), ein turmähnliches Gebilde, das strukturell an das Bild Objekt „Straßenecke" von 1975 erinnert. Die „Königin der Nacht" und Mutter Paminas wird von Rachegefühlen beherrscht, da ihre Tochter sich ihrem Einfluß entzieht. EICHNER stellt sie mit prallen roten Brüsten dar.

 

 

darstellt macht er sie zum Opfer, so wie die Erfüllung in der Liebe gleichsam Opfer fordert. Die kämpfende Frau ohne Arme erinnert an das 1993-1994 gemalte Ölbild "Der Mensch ohne Beine" wo der Mensch als Opfer der Gesellschaft dargestellt ist. In der Terrakotta-Skulptur „Zwei der drei Damen mit Tamino" thematisiert EICHNER das weibliche Interesse an der makellosen männlichen Gestalt Taminos. Gekrümmt liegt die von den drei Damen getötete Schlange, vor der Tamino flüchtete und derentwegen er ohnmächtig wurde, am BodenKlassisch-griechische Gesichtszüge seiner Frauenporträts finden sich wieder bei den beiden Büsten „Tamino" (Terrakotta, Zement) und „Pamina" (Terrakotta, Zement. Die stehende in Bronzefigur „Eine der drei Damen" ist ähnlich wie seine „Kriegerin aus Pompeji" (1994) in Ausdruck und Körperhaltung. Ein luftig-transparentes Gewand umhüllt die hervortretenden Körperformen. Mit leicht nach vorne gebeugtem Oberkörper wirkt die weibliche Gestalt erotisch-graziös.Die Skulptur „Monostatos mit Pamina" (Terrakotta und Zement) verkörpert zugleich Begierde und lustvolle Hingabe in der Liebe. Anders als im Handlungsgeschehen der Oper scheint Pamina dem Drängen von Monostatos, dem Wächter in Sarastros Reich, willig nachzugeben.Im Gegensatz zur Mozartoper steht auch die Eichner-Darstellung in Ton „Tamina verhindert Paminas Selbstmord". Nicht die drei Knaben, sondern Tamino rettet Pamina, indem er ihr im letzten Moment das Schwert aus dem geöffneten Mund entreißt. Die Macht der Zauberflöte hilft ihm dabei. Sarastro, der Beherrscher des Sonnenkreises ist bei Eichner kein böser Dämon, in dessen Reich Pamina entführt wurde. Dargestellt als Herrscher über den Geheimbund der Eingeweihten, Selbstversunken lächelnd mit gütig ausgebreiteten Armen hält er ein Phallus-Symbol in der Hand. („Sarastro", Ton auf Zement. Er trägt sowohl weibliche als auch männliche Züge, denn in der patriarchalischen Kultur bedeutet die Frau auch zugleich das männliche Andere. In der Rolle des Vogelmenschen erscheint er schemenhaft im „Palast der Königin der Nacht" (Terrakotta und Zement), ein turmähnliches Gebilde, das strukturell an das Bild Objekt „Straßenecke" von 1975 erinnert. Die „Königin der Nacht" und Mutter Paminas wird von Rachegefühlen beherrscht, da ihre Tochter sich ihrem Einfluß entzieht. EICHNER stellt sie mit prallen roten Brüsten dar.

 

 

 

Darstellung des „netten" und je nach Drehen des lose aufgesetzten Kopfes mit verschiedenen Gesichtern ausgestatteten, Nachbarn Als Pendant dazu gilt auch der multinationale "Nachbar" Kopf in Ton, dessen Nationalität durch Drehen des Kopfes variiert werden kann. Auch in der Oper „Porgy and Bess" von Gershwin wird die Liebe in ihrem Facettenreichtum thematisiert. Eroberung, Enttäuschung, Begierde, am Ende eine unerfüllte Liebe durchziehen die Handlung dieser neben der Zauberflöte wohl eine der bekanntesten Opern der Welt. („Porgy and Bess", Bronze bemalt).

 

 

 

 

 

„Die Zauberflöte"

Werkzyklus in Ton, Terrakotta u Terrakotta und Bronze

Ausstellung im Glaspavillon „Hans-Schmitz-Haus" Rheinbach

 

„Die Zauberflöte", Ausstellung im Glaspavillon Rheinbach.

Rheinbach. Hellmuth Eichners (genannt „Der Eichner") Werkzyklus entstand im letzen Jahr. Die Beschäftigung des Künstlers mit dem Sujet reicht allerdings ins Jahr 2002 zurück, als seine damals zweijährige Tochter ein ungewöhnliches Interesse an der Oper von W. A. Mozart zeigte. Aus der intensiven Auseinandersetzung mit der Musik sowie mit mehreren aktuellen Inszenierungen entstand eine umfangreiche Serie von Skulpturen, für die „Der Eichner" so unterschiedliche Materialien wie Ton, Terrakotta, Zement und Bronze einsetzte. Dabei interessierte ihn vor allem das

zentrale Thema der Oper, die Liebe in all ihren Facetten und emotionalen Qualitäten, ihren Gefährdungen und Bewährungen. Die erste Figur, mit der sich „Der Eichner" beschäftigte, war Papageno, der genußfreudige Vogel

Mensch, dessen Gedanken von Papagena beherrscht werden: Sie thront buchstäblich auf seinem Kopf. Papagena, bei Eichner eine viergesichtige Vogelfrau, verfügt über die Reize der Versuchung und Fruchtbarkeit. Das Thema Eros und Lebenslust wird bei Eichner als ein wesentliches herausgearbeitet. Von anderer Art ist die Liebe zwischen Tamino und Pamina, den beiden Liebesleidgeprüften. Pamina ist die ganz Hingegebene, Tamino zeigt bei der symbolischen „Wasserprobe" besondere Charakterstärke. Die wichtigste Figurenkonstellation bei Eichner ist die zwischen Paginas Eltern, der Königin der Nacht und Sarastro. Letzteren stellt er als androgynen Priester dar, ausgestattet mit der Macht des Phallus und der Schlange. Anders als in der Mozartoper repräsentiert Eichners Sarastro die Liebe in ihrer erlösten Form.

 

Der Eichner

Eigentlich Hellmuth Eichner, geb. 1946 in Schönenberg, 1967 bis 1970 Studium an den Kölner Werkschulen bei Professor Karl Marx und Professor Kadow, anschließend an der Kunstakademie in Düsseldorf bei Josef Beuys; 1976 Meisterschüler bei Professor Sackenheim. Seit 1966 zahlreiche Einzel- und Gruppenausstellungen, Kunstpreise und Veröffentlichungen. Zur Ausstellung erscheint ein Katalog. Stadt Rheinbach - Der Bürgermeister

 Rede von Werner Götzinger, Vorsitzender der Künstlergruppe Bonn

Liebe Gäste, auch von mir als langjähriger, ehemaliger Rheinbacher Mitbürger ein herzliches Willkommen - „In diesen heiligen Hallen" ist man versucht zu sagen bei soviel Präsenz von Mozart und seiner Zauberflöte. anche Texte, die wir hören, verbinden sich gleich mit Musik. Die Worte „Dies Bildnis ist bezaubernd schön" wecken unmittelbar die Vorstellung vom Prinzen Tamino, der in dieser Arie das Bildnis seiner Pamina besingt. Es genügt das Zitat „Der Vogelfänger bin ich ja" und wir sehen den lustigen, etwas einfältigen Papageno vor uns, der sich singend „Ein Mädchen oder Weibchen" wünscht. Solche Zitate setzen anregend die Phantasie frei.Das Personal und dessen Schicksale aus Mozarts Oper „Die Zauberflöte" regten auch Hellmuth Eichners künstlerische Phantasie an. Neben dem Prinzen Tamino und dem Vogelfänger Papageno finden wir die weiblichen Pendants Pamina und Papagena, die Königin der Nacht, die drei Damen, den Hohepriester der Humanität Sarastro, den Mohr Monostatos. Der Künstler setzte sie um in Skulpturen aus hellem, weißen Ton, aus der erdfarbenen Terrakotta - eine bei den Etruskern beliebte Keramik - und der metallischen Bronze. Der Zyklus entstand im vorigen Jahr 2003. Solche plastischen Arbeiten gehören also zum jüngeren Arbeitsbereich von Hellmuth Eichner, den man seit vielen Jahren mit großformatigen Bildern und Zeichnungen kennt. Hellmuth Eichner - oder wie sein Markensignum lautet „der Eichner“: Schon früh berichteten Zeitungen und Zeitschriften in facettenreichen Berichten über seine Arbeiten und Ausstellungen. Bald führten ihn renommierte Galerien. Es folgten die öffentlichen und privaten Käufer und Sammler, darunter bekannte Namen aus Politik und Wirtschaft. Während seiner Studienzeit hatte er die Akademie wechseln müssen wegen sogenannter „Anstößigkeiten", ein Begriff, der noch vor zwei Jahren dazu führte, daß drei seiner Bilder aus einer Ausstellung entfernt wurden. Wer nirgendwo anstößt, gibt allerdings auch keine Anstöße. Zur selben Zeit im Jahre 2002 zeigte aber auch das Bonner Haus der Geschichte ein vor 30 Jahren gemaltes Bild „Wir sind Deine fröhliche Jugend Europa". Sein Werkverzeichnis und die Liste seiner Ausstellungen sind lang. Wer ihn Zuhause im nachbarschaftlichen Swisttal-Buschhoven besucht, merkt: hier arbeitet jemand besessen, voller kreativer Schaffenskraft. Unfaßbar für ihn, nicht zu wissen, was man tun soll. Er entwickelte selber seine Fertigkeiten im Umgang mit Ton, Terrakotta und Bronze durch Experiment und Versuch. Das entspricht seiner kontinuierlichen Lebensarbeit: Alles in Fluß halten. Was noch nicht endgültig ist, bleibt korrigierbar, offen für künftige Formungen. Das Endgültige würde für ihn auch das Ende bedeuten. Lieber ein mißglückter Versuch als Routine! Nun also Skulpturen zur „Zauberflöte". Sie gilt als beliebteste Oper der Deutschen. Die Arien aus dem „zweihundert Jahre alten Musical" - so ein Rezensent kürzlich in der „Zeit" - wie das schon erwähnte „Bezaubernd schöne Bildnis" oder „Bei Männern welche Liebe fühlen", „O Isis und Osiris" gehören zum Allgemeingut. Jede Generation setzt sich neu mit der Zauberflöte auseinander. Regisseuren dient sie als Spielfläche für Experimentierfreude. In viele unterschiedliche Richtungen interpretiert man Text und Musik. Auch Eichner weicht häufig vom Libretto ab, gibt Personen und Geschehen seine eigene Deutung. Chronologisch entstanden zunächst die Terrakottaskulpturen des Monostatos und des schlafenden Papageno, das braune Material bleibt noch völlig unbemalt. Es folgte die einzelne der drei Damen mit dem Drachen, hier sehen wir bereits Teile farbig angelegt, wie denn das Bemalen mit fortschreitendem Arbeitsprozess zunimmt. Der Vogelfänger Papageno schläft bekanntlich nicht nur - in einer weiterem Plastik zeigt Eichner von ihm nur die obere Kopfhälfte, bildlich für ein einfach strukturiertes Gemüt mit symbolisch langer Nase, träumend von Papagena, die er auf seinem Kopf thronend in einem Vogelnest präsentiert, also seine Gedanken beherrschend, durch ihre Reize verführenden der Oper retten 3 Damen den bewußtlosen Prinzen Tamino vor der gefährlichen Schlange. Eichner zeigt eine der 3 Damen sich aufopfernd im Kampf mit der Schlange - bei Eichner ist es ein Drachen, während die beiden anderen sich um den bewußtlosen Tamino kümmern, Eros und Lebenslust verkörpernd.Im Szenenbuch der Oper beaufsichtigt der häßliche Monostatos die gefangene Pamina und stellt ihr nach. Eichner zeigt Pamina in den Armen des Monostatos, sie sehnt sich - Zitat - „im Unterbewußtsein nach des Monostatos Umarmung". Eichner stellt Pamina als ganz Hingegebene, der Lust Ausgelieferte dar. Tamino muß Prüfungen bestehen, um in die Gemeinschaft des Sarastro und seiner Priester aufgenommen zu werden, z.B. die Schweigeprüfung oder die Feuer- und Wasserprobe. Eichner zeigt Tamino bei der Wasserprüfung, er durchstößt das Hindernis, umklammert von der ihn begleitenden Pamina, die wir in einer anderen Skulptur während der Feuerprobe dargestellt wiederfinden. Pamina denkt im Verlaufe der schweren Prüfungen an Selbstmord. In der Oper hindern sie 3 Knaben an der Ausführung, bei Eichner ist es Tamino, der sie rettet, indem er ihr das tödliche Schwert nimmt. Sarastro - lächelnder Hohepriester der milden Menschenfreundlichkeit, dominante Persönlichkeit, Eichner stellt ihn auch als Königsporträt dar, janusköpfig, androgyn, ist er der wahre Gerechte? Hoheitsvoll seine Geste mit ausgebreiteten Armen, in einer anderen Arbeit sehen wir ihn im Kreis gemeinsam mit der Königin der Nacht und Pamina sowie dem zu lösenden Rätsel, dem Geheimnis, das sie zusammen tragen und das sie verbindet. Die Königin der Nacht - in der Oper die Figur mit den schwierigen Koloraturen, Mutter von Pamina, rachsüchtig, machtgierig, weil Sarastro ihre Macht gebrochen hat. Bei Eichner thront sie oben auf der Zinne ihres Palastes, von Wächtern umgeben, schön und alle überragend. Sarastro findet sich, ihre Nähe suchend, als Vogelfänger verkleidet in den unteren Etagen ihres Turmes. Einige andere Skulpturen, nur aufgezählt: Porträts von Tamino und Pamina, die drei Damen vereint zu einer Person, die Lockvögel des Vogelfängers, das wundersame Glöckchenspiel. Daneben auch einige freie Arbeiten, nicht zum Zyklus gehörend, wie den „Nachbarn, international", oder „Porgy and Bess". Sowohl die Kunstformen Oper als auch diese Umsetzung in der bildenden Kunst bedeuten Diskurs, Aufforderung zur Reflektion. In seinem Zauberflötenzyklus beweist Hellmuth Eichner Sinn fürs Burleske, für die Farce, ja Karikaturenhaftes ist spürbar. Manche Themen und Aspekte der Opernvorlage greift er gar nicht auf, andere hebt er hervor. Ihm geht es in dem Zyklus wie auch in Mozarts Oper um das zentrale, seit Jahrhunderten faszinierende Thema Liebe in all ihren verschlungenen Facetten, um das Rollenspiel Mann / Frau, Animus und Anima, um das männlich-agierende und den weiblich-anlassgebenden Impuls zum Handeln, um Zueinanderfinden und Trennung. Und wir lernen: Die Liebe will alles, und jeder erfüllte Wunsch ist ein Vorwurf wegen des Teiles, der fehlt. Aber das ist unser Menschenschicksal. Werner Götzinger

 

FOKUS (Wir Swisttaler)

Ein Skulpturenzyklus von Papageno bis zum Palast der Königin

Im Mittelpunkt der Skulpturen aus Ton, Terrakotta und Bronze steht Papageno, der genußfreudige Vogelfänger. Sein Initiationsweg ist ebenso kurz wie sein Gemüt einfach und klar strukturiert ist: als obere Kopfhälfte mit symbolisch langer Nase dargestellt, beschäftigt sich dieser mit dem .Vogelfang und seinem Traum von Papagena, die zunächst in all ihrer Häßlichkeit, dann auf seinem Kopf thronend inmitten eines Vogelnestes, präsentiert wird. Der Eichner hat seine Figuren zu Mozarts wohl bekanntester Oper nicht an der Schönheit der Musik ausgerichtet, auch nicht an den den Opernfreunden bekannten „historischen" Bühnenbildern, sondern er hat sich die Charaktere von Mozarts Figuren verinnerlicht und dann mit seinen Mitteln Wesenszüge, Sehnsüchte und Hoffnungen, aber auch ihre Brüche und Verwerfungen, herausgearbeitet. Wobei die Aussage „mit seinen Mitteln" sich -nur auf die Sichtweise Eichners beziehen kann, ;denn mit den Materialien Ton, Terrakotta und Bronze hat der Künstler Neuland betreten." Nach den ersten Versuchen fand ich nur Staub im Brennofen, ich musste mich mühsam dem Material und seiner Verarbeitung nähern", so Eichner.Als Maler hat sich der in Buschhoven lebende Künstler Hellmuth Eichner, schon von seinen Mitschülem „Der Eichner" genannt, seitdem sein Künstlername und "Markenzeichen", seit Jahrzehnten einen Namen geschaffen. Dabei hat er immer wieder auch mal gegen  den . Zeitgeist angemalt, hat provoziert er nicht um des Eklats willen, sondern auf der Suche nach der Wirklichkeit, so die Kritiker. Dies fing schon mit eines seiner wohl frühesten Werke an, ein Bild mit: der Aufschrift INRY, am Kreuz eine Frau mit aufgequollenen Formen". Als dieses Bild gar in einer Schülerzeitung veröffentlicht wurde, sah sich 1967 ein Oberstudienrat zu einer anonymen; wenn auch erfolglosen, Anzeige gedrängt.

Seine Bilder zeigen oft Träume von Menschen, dargestellt in figurativen Konstellationen, die menschliches Verhalten widerspiegeln, die Verführung, Verleugnung, Ignoranz, auch Leid erkennen lassen. „Ich setzte in meinen Bildern um, was ich zuvor wie ein Dia gesehen habe", so Eichner. Von dieser Betrachtungsweise der Welt, der Natur und deren Verfremdungen ausgehend, ist es für den Künstler Eichner, zudem mit einer ausgebildeten Opernsängerin - und Zahnärztin - verheiratet, ein nachvollziehbarer Schritt, Mozarts Opernfiguren künstlerisch, und zwar greifbar, begreifbar im eigentlichen Sinne des Wortes, darzustellen.Der Anstoß dazu kam allerdings nicht von der Ehefrau, sondern von der zweijährigen Tochter Anastasia, die ein außergewöhnliches Interesse an dieser Oper und einem Bilderbuch dazu zeigte. 30 Skulpturen umfaßt der Zyklus, neben Papageno die vielgesichtige Vogelfrau Papagena, die Papageno zweifellos überlegen ist, seine Gedanken beherrscht - deshalb hat sie Eichner auf den Kopf von Papageno plaziert -, die über die

 Reize der Versuchung und über die Fruchtbarkeit verfügt, symbolisiert durch die Schlange und die übergroßem Brüste.

Eindrucksvoll auch der Königskopf in Ton, verzerrt, leidend, Hilfe erwartend. Zentral behandelt Eichner dann die Beziehung Sarastro zur Königin der Nacht. Er ist Priester und Mann, die Königin wird von Rachegedanken wegen ihrer entführten Tochter beherrscht.Der Skulpturenzyklus stellt den Betrachter mehr Fragen als er beantwortet. Alle Aspekte des menschlichen Lebens, von der sexuellen Begierde bis zur ideellen Liebe, sogar der von Tamino verhinderte Selbstmord Paminas, sind in den Skulpturen thematisiert. Aber wie heißt es über Eichner in der Kunstwelt: Der Eichner stellt die Frage nach der Wirklichkeit. Der Zyklus wird vom 30. April bis zum 31. Mai 2004 als Ausstellung im Glaspavillon des Glasmuseum Rheinbach vorgestellt und wandert dann am besten natürlich dorthin, wo gerade W.A. Mozarts „Zauberflöte" auf dem Spielplan steht.      WTR

 DIENSTAG, 4. MAI 2004       General Anzeiger

Papageno trägt Papagena auf dem Kopf

AUSSTELLUNG Hellmuth Eichner zeigt im Hans-Schmitz-Haus

Skulpturen zur „ Zauberflöte".

Die Serie entsteht durch die Mozart-Leidenschaft seiner zweijährigen Tochter

 Von Birgit  Roßmöller

 Eigenwillig: Hellmuth Eichner mit einigen seiner Skulpturen zu Mozarts „Zauberflöte". FOTO: VOLKER LANNERT

 RHEINBACH: - Im     Hans-Schmitz-Haus wird die tiefe Einsicht des Sophokles, „Vielfältig aber gelangt die Wahrheit ins offene Anwesende des Erscheinens", zur zeit augenscheinlich: Der Künstler Hellmuth Eichner zeigt dort` - auf Einladung von Glasmuseums-Chefin Ruth Fabritius - seine Skulpturen zur Mozartoper, Die Zauberflöte". Aus dem Kampf Papagenos und Taminos um einen Traum macht Eichner die Auseinandersetzung mit einem der wichtigsten Themen der Menschheit, der Liebe. Dass_ dieses Philosophieren in Ton, Terrakotta und Bronze nicht abgedroschen wirkt, ist die Stärke Eichners, der - laut Text im Begleitbuch der Ausstellung - der erste seiner Zunft ist; der, den Opernstoff , in Plastiken umsetzt. Besonderer Aspekt: Die Begeisterung seiner Zweijährigen Tochter Anastasia  steckt dahinter; daß der anerkannte Künstler sich an dieses Thema so hineinkniete: Seine Tochter Anastasia bearbeitete den Vater mit der Geschichte der "Zauberflöte". Er musste sie, so berichtet er, nicht nur täglich vorlesen, sondern auch auf CD anhören. Die Kleine hielt, bis zur. Pause, sogar den Besuch einer Aufführung in der Bonner Oper durch. Unter dem Eindruck dieses "Dauerfeuers" begann der Künstler seine bildliche Interpretation der „Zauberflöte". Eichners Papageno ist ein genußfreudiger Vogelfänger mit langer Nase, der seine Papagena auf dem Kopf trägt - sinnbildlich für Versuchung und Fruchtbarkeit, die seine Gedanken beherrschen. Die Beziehung zwischen Monostatos und Pamina ist eine Hommage an den Eros. Sie zerfließt förmlich in seinen Händen. Bis Monostatos weise geworden ist und wie ein androgyner Buddha seine Hände über die Liebe hält, hält sich Eichner mit seiner Skulpturengeschichte nur lose an die Vorlage. Die endet in einem Palast der Mondkönigin, in der sich Sarastro, als alter Mann verkleidet, versteckt. Die Figur aus Terrakotta und Zement ist laut Eichner eine Hommage an seine Ehefrau Sabine, einer Zahnärztin und Sängerin: Sarastro trägt auf dessen Bitten die Goldplombe eines ihrer Patienten am Hals. Terrakotta ist ein empfindliches Material, berichtet der 57Jährige Künstler: „Die ersten Arbeiten zerfielen im Ofen in Staub." Das Werk sei nach viel Versuch und Irrtum entstanden, sagte denn auch Werner Götzinger, Vorsitzender des Künstlergruppe Bonn, mehrdeutig in seiner Rede bei der gut bestfichten Vernissage, zu der die Flötistinnen Barbara Medick und Franziska Krumpen von der Musikschule Mozarts „Dies Bildnis ist besonders schön" spielten. Das Hans-Schmitz-Haus mit seinem gläsernen Raum lässt den eigenwilligen und ausdrucksstarken Figuren Eichners viel Platz zum Wirken, und daß die Transparenz der Wände für einen wechselnden Hintergrund sorgt, stört- den Künstler nicht. Wirkliche Kunst, davon ist er überzeugt, behält ihren Wert sogar auf einer Toilette. Die Oper der Skulpturen ist noch bis 'zum 31. Mai im „Hans-Schmitz-Haus“, Zu den Fichten 19, zu sehen. Der Künstler sucht noch Hilfe bei der Aufsicht während der Öffnungszeiten. Interessierte wenden sich an  0 22 26/80 9640. 

Tochter diente als Muse

Rheinbacher Glaspavillon stellt den Zyklus; “Die Zauberflöte" von Hellmuth Eichner aus

RHEINBACH/

SWISTTAL.

 

„Tamino verhindert den Selbstmord von Tamina" heißt dieses Werk des Künstlers Hellmuth Eichner.

(Foto: Matthias Kehrein)

 

Schon jetzt hat ein kleines Mädchen einen Platz als Muse in der Kunst: die kleine Anastasia aus Buschhoven.Die Oper „Die Zauberflöte" von Wolfgang Amadeus Mozart hatte es der damals zweijährigen Tochter der Sängerin und Zahnärztin Sabine Eichner und des Künstlers Hellmuth Eichner so angetan, daß Vater Hellmuth fast täglich aus einem Buch vorlesen und die Musik von CDs abspielen musste. Im Herbst 2002 besuchte er sogar eine Inszenierung in der Bonner Oper gemeinsam mit seiner kleinen Tochter. 2003 dann war die künstlerische Auseinandersetzung des 57Jährigen mit dem Opernthema die logische Konsequenz. Zu sehen ist das Ergebnis im außergewöhnlichen Werkzyklus Die Zauberflöte" in einer Ausstellung im Glaspavillon in Rheinbach, zu der Museumsleiterin Dr. Ruth Fabritius den seit 1967 als "Der Eichner" arbeitenden Künstler einlud. Skulpturen in den unterschiedlichen Materialien Ton, Terrakotta und Bronze hat Eichner geschaffen, in denen das zentrale Thema der Oper, die Liebe in allen Facetten, im Mittelpunkt steht. Aus Ton etwa schuf "Der Eichner" seinen Papageno als genußfreudigen Vogelfänger mit langer Nase, der seine viergesichtige

Vogelfrau Papagena im wörtlichen Sinne "im Kopf hat" - er trägt sie auf dem Kopf. (sax)

 Der Eichner und die Zauberflöte

 Gegenwärtige Ausstellung im Glaspavillon „Hans-Schmitz-Haus"

 Hellmuth Eichner wurde bei der Eröffnung der Ausstellung von seiner Ehefrau Sabine begleitet.                 

Rheinbach.Eine bunte Mischung aus Figuren, Köpfen, Gruppierungen und Szenen bevölkert derzeit den Glaspavillon

„Hans-Schmitz-Haus". Die Exponate dokumentieren den Versuch des hauptsächlich durch seine Grafiken und Bilder bekannten Swisttaler Künstlers Hellmuth Eichner - genannt Der Eichner sich auf eigene Art mit Mozarts Oper „Die Zauberflöte" auseinander zusetzen. Entsprechend der Honorabilität des Künstlers war die Zusammensetzung der Gäste anläßlich der Ausstellungseröffnung. Bürgermeister Stefan Raetz begrüßte dazu neben dem Eichner selbst und dessen Ehefrau Sabine die Landtagsabgeordnete und Mitinitiatorin der Ausstellung, Ilka Keller, Mitglieder des Rates der Stadt Rheinbach sowie Vertreter aus Nachbargemeinden der Glasstadt sowie Jürgen Land und Ludwig Kadermacher von der Kreissparkasse Köln, die die Ausstellung fördert; dazu Werner Götzinger, den Vorsitzenden der Künstlergruppe Bonn sowie Mitarbeiter der Verwaltung. Die Stadt sei froh, so der Bürgermeister, für den Glaspavillon mit dem Eichnereinen vielseitigen Künstler gewonnen zu haben, der mit einem breiten Schaffen von weit über 900 Werken in die Öffentlichkeit getreten sei. Die Leiterin des Glasmuseums, Dr. Ruth Fabritius, richtete in ihrem Grußwort einen Blick auf den Werdegang der Mozartschen „Zauberflöte", die trotz ihrer inhaltlichen Zugaben von Liebe und Erotik bei ihrer Uraufführung im Jahre 1791 ein Flop gewesen sei, nichts desto weniger heute zu den bedeutendsten Werken Mozarts gerechnet werde. Dabei lassen sich die Anfangsschwierigkeiten bei der. Aufnahme durch das Publikum durchaus verstehen, sind doch am Inhalt nicht weniger als drei Personen mehr oder minder direkt beteiligt: Wieland mit einem

romantischen Kunstmärchen, das Giesecke dramatisierte, und aus dem Schikaneder letztlich nach mehreren Umarbeitungen das Libretto zur „Zauberflöte" strickte. Erst Mozart gelang es in genialer Weise, die in der Handlung verwobenen unterschiedlichen Welten und die diversen Bearbeitungen musikalisch „unter einen Hut" zu bringen. Werner Götzinger gelang eine verständnisvolle und verständliche- Einführung in den Zyklus des 1946 in Schönenberg geborenen Eichners, der neben Prof. Karl Marx und Prof. Kadow von den Kölner Werkschulen auch Josef Beuys und Rolf Sackenheim als seine Lehrer bezeichnen kann. Für die sehr passende weil zauberflötige - musikalische Umrahmung sorgten Barbara Medick, Lehrerin, und Franziska Krumpen, Schülerin der hiesigen Musikschule. Das Duo spielte hübsche Arrangements bekannter Zauberflötenmelodien für zwei Querflöten. Es ist sinnvoll, ein wenig Kenntnis der „Zauberflöte" mit zum Glaspavillon zu bringen, um das Werk des Eichners entsprechend würdigen zu können. Zumindest die Namen der Personen und ihre Funktion innerhalb des Geschehens sollte gedanklich griffbereit sein, um die Interpretationsansätze deuten zu können, die den Exponaten aus Ton, Terrakotta, Zement und Bronze innewohnen. Auch eine Berücksichtigung der künstlerisch-gedanklichen Herkunft des Eichners ist sinnvoll, weil sie den Weg der Interpretationen entscheidend mit prägt. Denn die „Vorbilder" seiner Umsetzung findet der Eichner in aktuellen Inszenierungen der Oper, die freilich alle noch nach dem seit rund dreieinhalb Jahrzehnten favorisierten Prinzip des Regietheaters erstellt worden sein dürften. Herauszufinden in wie weit damit die eigenen Vorstellungen harmonisieren, bleibt freilich jedem Betrachter

selbst überlassen. Vielleicht ist es auch nicht ganz uninteressant zu wissen, daß der gedankliche Ursprung des im vorigen Jahr entstandenen Zyklus zurückreicht in das Jahr 2002, in welchem dem Künstler das ungewöhnliche Interesse seiner damals zweijährigen Tochter Anastasia an der „Zauberflöte" auffiel. Die Ausstellung ist noch bis zum 30. Mai zu sehen und lohnt auch einen mehrmaligen Weg zum Glaspavillon, nicht zuletzt der differenzierten natürlichen und künstlichen Lichtverhältnisse halber, die den Exponaten zusätzliche Vielfältigkeit verleihen.        -THB-

 (Wir Swisttaler vom 12.5.04)

 Text von Sabine Sander

Der Eichner und die Zauberflöte

Ein Figurenzyklus des Swisttaler Künstlers ist im Glaspavillon in Rheinbach zu sehen

Rheinbach/5wisttal. Es ist ein amüsanter Gedanke sich vorstellen, der Herr Mozart käme am Glaspavillon in Rheinbach vorbei und sähe dort die Figuren seiner Zauberflöte in Ton, Terrakotta und Bronze, dazu ein wenig Zement und auch Plexiglas. Würden ihm die Figuren und Darstellungen gefallen, wäre er empört? Die Frage muß natürlich offen bleiben, der heutige Betrachter, insbesondere wenn er die Oper kennt und mit den Figuren etwas „anfangen" kann, ist sicher freier in seiner Betrachtungsweise. Er wird aber mit Sicherheit erstaunt sein, in welch vielfältiger Art der Künstler sich die Figuren und deren Charaktere vorstellt und welche Figuren Konstellationen er sieht.Der Eichner mit „Palast der Königin"    Papagena thront auf dem Kopf von Papageno Das zentrale Thema der Oper, die Liebe in all ihren Facetten und emotionalen Ausrichtungen, den Gefährdungen und Bewährungen, werden von den Figuren versinnbildlicht und widergespiegelt. Da ist Papageno, der genußfreudige Vogelmensch, dessen Gedanken von Papagena beherrscht werden, und diese „Verkettung" wird geradezu verblüffend einfach dargestellt, indem Papagena buchstäblich auf dem

Kopf von Papageno „thront". Papagena ist die Versuchung schlechthin, die großen Brüste symbolisieren förmlich Eros und Fruchtbarkeit. Oder die Liebe zwischen Tamino und Pamina, den Liebesleid geprüften. Die wichtigste Figurenkonstellation bei Eichner ist die zwischen Paminas Eltern, der Königin der Nacht und Sarastro. Letzteren stellt er als androgynen Priester dar, ausgestattet mit der Macht des Phallus und der Schlange. Beeindruckend ist auch der Palast der Königin, der fast tempel­artig sich erhebt. Daß die Figuren auch passend bemalt sind ist eine Selbstverständlichkeit, ist doch „Der Eichner" in erster Linie ein Maler. Hellmuth Eichner, geboren 1946 in Schönenberg, wurde schon von seinen Mitschülern auf dem Gymnasium „Der Eichner" genannt, seitdem ist dieser Künstlername sein Markenzeichen. Von 1967 bis 1970 studierte er an den Kölner Werkkunstschulen bei Prof. Karl Marx und Prof. Kadow, anschließend an der Kunstakademie in Düsseldorf bei Josef Beuys. 1976 war er Meisterschüler bei Prof. Rolf Sackenheim. Seine Bilder zeigen oft Träume von Menschen, dargestellt in figurativen Konstellationen, die menschliches Verhalten widerspiegeln. Insoweit ist Eichner sich durchaus treu geblieben, auch wenn er die Materialien gewechselt hat. Der Anstoß zu diesem Figurenzyklus war aber nicht der innere Ruf des Künstlers, es war im Jahre 2002 seine damals zweijährige Tochter Anastasia, die sich immer wieder Mozarts Musik anhörte. Die Ausstellung ist noch bis zum 30. Mai im Glaspavillon zwischen Glasfachschule und Stadthalle zu sehen.   WT

 „Orakel“

General Anzeiger

 Haus an der Redoute. Auf dem Papier ist

Ludwig von Winterfeld Millionär. Das jedenfalls ist die Bilanz

von persönlich adressierten Postwurfsendungen, die der Künstler versammelt. Einen ähnlich ironischen Kommentar zur aktuellen Thematik der Künstlergruppe Bonn hat Werner Götzinger in petto. "Orakel-Lüge" und "Analystin" sind Teile eines einprägsamen Kaleidoskops, das das Stichwort "Orakel" reflektiert. Frische Impulse überbieten themenfernere Gedankengänge (Hellmuth Eichner, Manfred Weil. Ilsetraut Glock zeigt unheilkündende "Vampireulen". Spannungsträchtig sind gleichermaßen metaphorische Szenarien (Liesel Schubert, Geza Damosy) sowie unwirkliche Stimmungsbilder (Hildegard Pfennigsdorf. Eindringlich beschwört Bildhauerin Mareile Schaumburg das Ambiente archaischer Kultstätten herauf: Aus diffus figurativen Erddünsten steigen zu Scheiterhaufen erstarrte Buchstaben empor. In ambivalenter Zeichensprache entfesselt das Tafelwerk von Elsbeth Tatarczyk-Welte hintergründige Welten von Magie, Ritual, Spuk und Aberglaube. Auf der gleichen Linie bewegen sich die Menetekel von Eva Hüneborn, fragmentarische Konturen von Karin Neusel und Georg Wittwers symbolische Ziffern. Architekturdarstellungen von Dirk Engelken und Ursula Pusch-Wennrich schließen sich an. Unter den Übersetzungen des antiken Sibyllenmythos fallen die Blätter eines Dirk Otto ins Auge. Ein poetisch angehauchtes Windspiel von Volker Pflaumann setzt auf die subjektiven Spielräume von Orakeln.

Haus an der Redoute, Kurfürstenallee 1a, bis 11. Juli. Dienstags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr.

Kunstvolle Orakel-Befragung

Gruppenausstellung im Godesberger Haus an der Redoute

von HEIDRUN WIRTH

 Im Haus an der Redoute befragen die Mitglieder der Künstlergruppe Bonn das Orakel.

 Foto: Wirth

 BAD GODESBERG. Es orakelt. gewaltig im Haus an der Redoute. Unter dem geheimnisvollen Titel „Orakel" haben 25

 Künstler und Künstlerinnen der Bonner Künstlergruppe ihre Stäbe geworfen. Von Odins Raben (Lisel Schubert, Dirk Engelken) bis zu chinesischen Formeln (Sibylle Petersen) über den glutvollen Augen der Wahrsagerin (Werner Götzinger) und zur Kartenlegerin von Manfred Weil wurde in den verschiedensten Kulturen angeklopft. Und man sieht, global sind selbst die Orakel von ägyptischen Reminiszenzen bei Doris Distelmeier- Haas bis zu den Baumrunen bei Mareile Schaumburg und Georg Wittwer oder erhabener Klassik in den Zeichnungen der Kassandra bei Dirk Otto. Kündet dem König, das schön gefügte Haus ist gefallen. Phoibos Apollon besetzt keine Zukunft mehr, der heilige Lorbeer verwelkt, seine Quellen schweigen für immer", so wird um 362 n. Chr. der Untergang der antiken Orakelkultur besungen, eine neue (christliche) orakelfreie Zeit zieht herauf. Doch aus und vorbei ist es deshalb noch lange nicht, wie man mehr noch als an den poppig häßlichen Zauberflöte-Illustrationen aus Ton, Zement und Bronze vom Eichner und an einer großen Collage von Ludwig von Winterfeld sieht, der die so persönlich gehaltenen Lotterie-Mitteilungen säuberlich gesammelt hat: „verbindliche Gewinnzusage: Scheck über 20 000 Euro" liest sich in bunter Reihe. Zu schön um wahr zu sein. Listiger ist da die Eule in der expressionistischen Landschaft von Ilsetraut Glock, ge­heimnisvoller das mobileartige Auspendeln in Licht und Schatten im schön eingerichteten kleinen Kabinett von Volker Pflaumann und überzeugender sind all jene, die uns wieder auf den Boden der Kunst zurückholen wie Wolfgang Ulbrich mit noblem Rot in den konstruktiven Rauten, Ursula Pusch-Wennrich, deren Bögen licht und sanft in einen unbestimmten Raum ausschwingen oder die vom Unbewußten inspirierte Godela Habel mit zwei eindrucksvollen neuen Blättern- Ein Orakel in sich ist der Surrealismus an sich, der dem Traum so nahe kommt, wie an einer weißen Rose auf tiefblauem Wasser bei Hildegard Pfennigsdorf-Frettlöh zu sehen. Und doch mag jeder Traum, auch der vom Menschen, prophetisch sein wie in den blau unterkühlten Akten bei Robert Leiste oder in dem Tagebuch, das Elsbeth Tatarczyk-Welte in einer kraftvollen Reihe kleiner Formate ihrem Vater gewidmet hat. Dunkel aber bleibt die Zukunft für Geza Damosy, versperrt in den schwarzen Toren feinstrichiger Stadtveduten in Kroatien. So kann nun in dem Spektrum jede(r) persönlichen Präferenz an Stil und Einstellung zum Orakel folgen. Bis 11. Juli; am Freitag, 2.Juli, findet um 19.30 Uhr eine begleitende Lesung mit dem Bonner Sinologen Professor Wolfgang Kubin statt.

Prof. Dr. Heijo Klein
35 Jahre "Turm-Galerie - Wegbegleitungen" 26.6.2004

MDH. Wenn heute im Gespräch oder in den Medien das Wort "Kunst" fällt, dann denkt man an spektakuläre Dinge des Kunstbetriebs, an Auktionen bei Sotheby's in New York, wo für x-Millionen Gemälde ersteigert werden, an Museumsbauten mit Eventcharakter oder an marktgängige Künstler mit sensationellen Produkten oder Skandalen. Gewiß war die Fettecke ebenso wie die gemalten Kopfstände brillante Marktideen (natürlich mit entsprechenden interpretativen Gebrauchsanweisungen der Zunft) und der Präsenz möglichst in allen renommierten Sammlungen. Aber das ist nur die eine Seite der Kunst, die des öffentlichen Kunstbetriebs. Die andere jedoch ist die private, sie betrifft das Leben mit Kunst. Nicht die gleichen Künstlernamen von Hamburg bis Wien und darüber hinaus, sondern diejenige Kunst, zu der man ein ganz persönliches Verhältnis hat. Das Bild, das einen Platz hat in meiner Privatsphäre, in meinem Wohnbereich, das Bild - oder Bildwerk - das ich täglich sehe, mal auch nur flüchtig wahrnehme, dann aber mit ihm in einen stillen Dialog trete. Das Bild als Teil meiner privaten Umwelt - das ist "Leben mit Kunst", und dies ist die andere Seite oder Ebene gegenüber der öffentlichen. Natürlich gibt es wie immer so auch hier Zwischenstufen - etwa die einer erweiterten Wahrnehmung, der Sammlung, die über die unmittelbaren Wohnbereich hinaus geht, die Kunst am Arbeitsplatz usw. Nun sind wir heute hier, um mit Bodo Schroeder den 35. Geburtstag seiner Galerie zu feiern - das ist immerhin der Zeitraum einer Generation, und zu den vielfältigen Geschehnissen, den Personen, den Künstlern haben wir von meinen Vorrednern gehört. Ich möchte dem noch einige Worte zu den hier ausgestellten Werken hinzufügen. Bodo Schroeder hat in der Einladung mit 35 Bildern die Stationen dieser Jahre bezeichnet, und er hat dies - wie Sie gesehen haben - in der Abfolge nach Jahren chronologisch angeordnet, jeweils bezogen auf die erste Ausstellung des Künstlers in der Galerie Der Turm. Dieses schöne Dokument haben wir also in Händen und schauen uns nun die dort abgebildeten Werke an. Auch die Präsentation hier in der Galerie entspricht diesem Konzept, allerdings um viele Arbeiten erweitert und bezogen auf die Räumlichkeiten der Turmgalerie. So beginnt unser Rundgang gleich an der Tür mit einem Aquarell des "Windmühlenturms in Villip", wo Bodo Schroeder mit seiner ungewöhnlichen Galerie begann. Das weckt Erinnerungen an die ungezwungen-rustikale Atmosphäre jener Jahre in der jungen Bundeshauptstadt. Herbert Böhler hat diese Atmosphäre in traditionellen Formen angesprochen, daneben aber seine fast surreale Tuschzeichnung ("Schmuddelkinder") und seine witzige "Variation zu Gabrielle d'Estree im Bad". Aparte Farbradierungen von Willi Kismer ("Drei Seiden", "Rückansicht in drei Tüchern") folgen mit delikater und geradezu haitischer Auffassung textiler Stofflichkeit. Jo Hackbarth setzt auf dem Treppenabsatz einen Haltepunkt mit seiner ebenso kühlen wie poetischen Auffassung des Stillebens von Gewesenem: "Alte Flaschen" untertreibend bezeichnet. Und oben dann die beiden Bonnerinnen Anna Leutz-Hübbe mit ihrer raffinierten Kombinationstechnik der Siebdruck-Unikate, mit Motiven wie "Arles" und "Indischer Drachenbaum" - und die andere bekannte Bonnerin Helene Moch mit ihren lebhaften Tierbildern "Hahn" und: "Affe im Kölner Zoo" (ein Schelm, wer Böses dabei denkt!).Setzen wir nun unseren Weg fort wieder vom Eingang her, so begegnen hier die kleinformatigen Arbeiten von Hagen Haltern, die als Digi-Print die mit Verfahren von Zeichnen, Scannen und Computerbearbeitung neue bildnerische Möglichkeiten einbeziehen und zugleich in ihrem Braunton an die Klassiker der Lichtbildnerei, wie Julia Cameron denken ("Mother and Child") oder die Marmoraderungen der "Pieta dura" variieren. Hellmuth Eichner ("Der Eichner") bildet dann die Nahtstelle zum Garten hin und zugleich den Blickpunkt des Ganges. Für sein Kombinationsverfahren von seriellem Druck und unikater manueller malerisch-zeichnerischer Bearbeitung steht das Blatt "Agnes", für seine großformatigen Gemälde das spannungsreiche Stilleben "Miazina" als prähistorische Projektion elektrischer Energie in eine nicht betretbare Vergangenheit. Eine Projektion des Musealen zeigt Angela Räderscheidt mit ihrer "Museumsinsel", die dies wörtlich nimmt: die Bilder dicht gelagert auf einem Pfahlbau über dem Wasser, dazu kleine Ölbilder wie "Spiel des Lebens" oder ironisch. "Heile Welt". Im Kaminsaal wird der Kamin flankiert von den Bildern Makarenkos und Carmen Stahlschmidt. Ihre großformatigen Wachskreidezeichnungen der Politiker-Porträts ziehen hier gleich die Blicke auf sich und gewinnen durch ihre Titel amüsante Akzente: "Fünf Kohlmeisen" - die massige Gestalt des Bundeskanzlers Helmut Kohl, und "Figur auf Frosch": der Landesvater des benachbarten Bundeslandes von der anderen Partei, Beck. Auf der anderen Seite des Kamins kommt der beliebte Volodymyr Makarenko mit seiner phantastischträumerischen Welt zu Wort: "Justitia et St. George", wobei dieser ihr das Schwert reicht - in eigentümlicher Verschmelzung von Ikonographie und surrealer Auffassung, oder die zarte Weiblichkeit mit "Femme et Arc", der "Venezianerin" und der "Scène Galante".Ein Gegengewicht bilden die harten Realismen der Ölbilder von Heike Feddern auf der anderen Seite: das sich freizügig, wenn auch von ihrer Rückseite zeigende "Rotkäppchen" als spöttische Vulgarisierung des bekannten Velasquez-Bildes, oder gar der bekrönte "Mops". Doch auch die zartere Sprache wird vernommen mit den Farbradierungen von Jutta Votteler, so das breite Querformat ihres "Seerosenteichs", auch dies ein berühmtes Thema variierend oder der subtile "Mohnbesuch" und die "Träumenden Blüten". Elke Wassmann erinnert an "Schätze der Kindheit", ein schemenhaftes Haus wie über dem Wasser mit den Fundstücken der Muscheln. Die Plastik, die stets auch ein besonderes Anliegen der Turmgalerie war, wird hier nun eingeleitet mit Kleinplastiken von Fritz Lindenthal. Sein witziger "Flughund" ist wie die lebende Abart der Fledermaus
aufgehängt, "Hängeplastik" also in wörtlichem Sinn. Seine "Aufbrechende Form" bezeichnet den anderen, eher abstrakten Bereich des Lebendigen. Die große "Liegende" von Tarasow, ein polierter Betonguss fasziniert durch seine torsohafte, parzellierende Gestaltung wie auch durch seine Präsentation am Boden. Die Skulptur wird hier im großen Saal vertreten durch Jörg Engelmann. Seine zusammengekauert "Hockende" bildet gewissermaßen ein Gegenstück zu der eben genannten Liegenden von Tarsow: Engelmanns Skulptur besticht durch die großen weichen Formen der weiten bogigen Formen, ihrer der Körperlichkeit nahen Farbgebung und der haptischen Qualitäten der Oberfläche. Seine Kleinplastik "Geflüster" in dunkelgrünem Diabas entspricht der verbundenen Zweiheit der Körper wie der abstrahierenden Form.
Einen Übergang zum flächigen Bild stehen die kleinen Metallbilder von Gertrude Reum als Messing- und Aluminiumreliefs. Die Metallplatte wird geschliffen und graviert, Farbe partiell aufgesprüht, damit Materialbilder ganz eigener Wirkung bis hinzu tiefenräumlichen Visionen erzeugt. Die Stirnwand dieses Raums aber wird wesentlich beherrscht von den farbleuchtenden Landschaften von Michel Rougié, der zu den jüngsten Entdeckungen in der Turmgalerie gehört. Seine Bilder stehen in dieser Jubiläumsausstellung zugleich für das große Thema der Landschaft, und Rougie sieht sie in ihrer intensiven Farbigkeit, den wie in Schichten sich aufbauenden Blumenwiesen, den Feldern, Busch- und Waldzonen, die sich wie in "Premier Saison" oder in "Les Pins Parasol" in weiten Diagonalzügen in die Ferne erstrecken.
In Nahsicht wendet sich hingegen Dieter Framke der Natur zu: visionäre Bilder von Pflanzen und Tieren, Blätter, die wie aus dem Nebel auftauchen und aus denen sich dann ein Vogel oder eine Muschel herausbildet, Zeit und Zeitloses ansprechend. Renee Lubarow lässt in ihren Farbradierungen Pflanzliches aus einem Zentrum aufbrechen und dazu die nicht mehr seiende Pflanze im Bild ihres Abdrucks erhält oder auch als bizarre Lebewesen aus Ruinen auftauchen.
Leonardo Camatta faßt das Vergängliche in seinen "Zyklus der Tuchbilder": Leinwandstücke, gerissen, ausgeschnitten,
wie Reste alter Wandmalerei sind mit prähistorischen Zeichen versehen, mit Grafitti von Namen und Daten, so "Das kleine Museum". Auf die nähere Vergangenheit bezieht Valentin Reimann seine hart realistischen Ölbilder: "Vergangene Zeit" - mit den nostalgischen Alltagsgeräten von Kaffeemühle und Kerzenleuchte bezeichnet, aber auch mit den Möglichkeiten des Stillebens etwa "Drei Äpfel und Feuerzeug" oder "Apfelschale, Pokal", trotz nüchterner Darstellung das Raffinement der verzerrten Spiegelung und damit ein weiterer Aspekt des Bildes der Dinge. Realismus, Nähe zur Fotografie und Dokumentation zeigt sich auch in den Arbeiten von Erhard Löblein, etwa im gegenüber der Bilder der Afrikanerin und der Indoneserin mit dem jeweils auf Gesichtstyp und Haut abgestimmten Malweise. Die Nähe zur Plastik zeigt sich bei ihm auch in der konstruktiven Arbeit des durch ihre Arme und Hände miteinander verklammerten Paares wie in dem lapislazulifarbenen Helm. Tritt man aus dem Raum, so geht der Blick in den Garten mit den hier präsentierten Skulpturen. Eine unmittelbare Verbindung zwischen drinnen und draußen bietet Michael Odenwaellers Arbeiten: dort seine drehbare Großplastik, hier seine gleichfalls drehbare Kleinplastik "Hahn" und "Re" beide aus Messingplatten, dagegen die Rundplastik "Sphera" ein liegender Akt stereometrisch aufgefaßt, aus Kugeln aufgebaut, das "Paar unter Schirm" hingegen aus Kegelschnitten und hexagonaler Schale.Die hier ausgestellten Farbradierungen von Degenhard und May thematisieren das Elementare: Günter May sieht das Element "Erde" wie durch ein Portal den Blick auf Erdkrusten, die durch Beben und Blitz voneinander abgesprengt werden. In "Feuer" aber auch die Verbindung von Elementarem und der Gesetzmäßigkeit von Maß und Zahl, von Physik und Technik. Annemarie Degenhart sieht das Element des Wassers eher poetisch als "Weiher" mit dem Wachstum der Pflanzen, dem Schilf und der Ferne. Ihre "Sonnenblumen" jedoch wirken wie von Feuer, leuchtend über den Abreibungen von Versteinertem. So bleiben die kleinen Ölbilder von Ognian Zekoff wie als archäologische Sammlungen von Erinnerungen einzelner Motive, in einem Rahmenwerk festgehalten als "Chronik". Oder aber von Olaf Gropps Radierungen in humoristischer Kombination teils bekannter Bildmotive: "Klassisches Fragment", die "Eule aus Athen", "Lieber die Taube auf dem Dach", aber auch "Der Urschrei" mit dem röhrenden Hirsch - womit wir wieder zum Nachdenken auf die unbeantwortbare Frage kommen, wie denn Kunst beschaffen wäre - mit diesem Spektrum der Möglichkeiten, wie sie in dieser so vielseitigen und anregenden Schau sich darbieten.Es bleibt aber auch die Frage nach den Künstlern, über die ich hier nicht gesprochen habe, aber von denen mehrere hier unter uns sind und zum Gespräch bereit. Nicht mehr fragen können wir andere, so Reimund Böll oder Joe Hackbarth, dessen Ausstellung im Turm ich seinerzeit eröffnen durfte. Hans Schröers erlebte die Turmgalerie nicht mehr. Der Nachlas dieses vorzüglichen Düsseldorfer Expressionisten wird von der Turmgalerie verwaltet. Mit seinem "Liegenden Akt", den Landschaften, die in ihrer Tonigkeit langsam den Tiefenraum erschließen, ist dieser Künstler präsent, aber auch im Selbstporträt auf der Staffelei, von wo aus uns der Künstler kritisch anschaut - und mit diesem unserem Gegenüber des Künstlerbildes sind wir auch selbst angesprochen und gefragt.So bleibt mir, Ihnen, lieber Bodo Schroeder alles Gute für das weitere Gedeihen Ihrer Galerie zu wünschen. Wir alle danken Ihnen für diese schöne Jubiläumsausstellung, und Ihnen MDH danke ich fürs Zuhören.

General Anzeiger

 Tochter diente als Muse

Rheinbacher Glaspavillon stellt den Zyklus; “Die Zauberflöte" von Hellmuth Eichner aus

RHEINBACH/SWISTTAL.

 „Tamino verhindert den Selbstmord von Tamina" heißt dieses Werk des Künstlers Hellmuth Eichner.

(Foto: Matthias Kehrein)

 Schon jetzt hat ein kleines Mädchen einen Platz als Muse in der Kunst: die kleine Anastasia aus Buschhoven.

 Die Oper „Die Zauberflöte" von Wolfgang Amadeus Mozart hatte es der damals zweijährigen Tochter der Sängerin und Zahnärztin Sabine Eichner und des Künstlers Hellmuth Eichner so angetan, daß Vater Hellmuth fast täglich aus einem Buch vorlesen und die Musik von CDs abspielen musste. Im Herbst 2002 besuchte er sogar eine Inszenierung in der Bonner Oper gemeinsam mit seiner kleinen Tochter. 2003 dann war die künstlerische Auseinandersetzung des 57Jährigen mit dem Opernthema die logische Konsequenz. Zu sehen ist das Ergebnis im außergewöhnlichen Werkzyklus "Die Zauberflöte" in einer Ausstellung im Glaspavillon in Rheinbach, zu der Museumsleiterin Dr. Ruth Fabritius den seit 1967 als "Der Eichner "arbeitenden Künstler einlud. Skulpturen in den unterschiedlichen Materialien Ton, Terrakotta und Bronze hat Eichner geschaffen, in denen das zentrale Thema der Oper, die Liebe in allen Facetten, im Mittelpunkt steht. Aus Ton etwa schuf "Der Eichner " seinen Papageno als genußfreudigen Vogelfänger mit langer Nase, der seine viergesichtige Vogelfrau Papagena im wörtlichen Sinne "im Kopf hat " - er trägt sie auf dem Kopf. (sax)

 Der Eichner und die Zauberflöte

 Gegenwärtige Ausstellung im Glaspavillon „Hans-Schmitz-Haus"

 Rheinbach. Eine bunte Mischung aus Figuren, Köpfen, Gruppierungen und Szenen bevölkert derzeit den Glaspavillon „Hans-Schmitz-Haus". Die Exponate dokumentieren den Versuch des hauptsächlich durch seine Grafiken und Bilder bekannten Swisttaler Künstlers Hellmuth Eichner - genannt "Der Eichner" sich auf eigene Art mit Mozarts Oper „Die Zauberflöte" auseinander zusetzen. Entsprechend der Honorabilität des Künstlers war die Zusammensetzung der Gäste anläßlich der Ausstellungseröffnung. Bürgermeister Stefan Raetz begrüßte dazu neben dem Eichner selbst und dessen Ehefrau Sabine die Landtagsabgeordnete und Mitinitiatorin der Ausstellung, Ilka Keller, Mitglieder des Rates der Stadt Rheinbach sowie Vertreter aus Nachbargemeinden der Glasstadt sowie Jürgen Land und Ludwig Kadermacher von der Kreissparkasse Köln, die die Ausstellung fördert; dazu Werner Götzinger, den Vorsitzenden der Künstlergruppe Bonn sowie Mitarbeiter der Verwaltung. Die Stadt sei froh, so der Bürgermeister, für den Glaspavillon mit dem Eichner einen vielseitigen Künstler gewonnen zu haben, der mit einem breiten Schaffen von weit über 900 Werken in die Öffentlichkeit getreten sei. Die Leiterin des Glasmuseums, Dr. Ruth Fabritius, richtete in ihrem Grußwort einen Blick auf den Werdegang der Mozartschen „Zauberflöte", die trotz ihrer inhaltlichen Zugaben von Liebe und Erotik bei ihrer Uraufführung im Jahre 1791 ein Flop gewesen sei, nichts desto weniger heute zu den bedeutendsten Werken Mozarts gerechnet werde. Dabei lassen sich die Anfangsschwierigkeiten bei der. Aufnahme durch das Publikum durchaus verstehen, sind doch am Inhalt nicht weniger als drei Personen mehr oder minder direkt beteiligt: Wieland mit einem romantischen Kunstmärchen, das Giesecke dramatisierte, und aus dem Schikaneder letztlich nach mehreren Umarbeitungen das Libretto zur „Zauberflöte" strickte. Erst Mozart gelang es in genialer Weise, die in der Handlung verwobenen unterschiedlichen Welten und die diversen Bearbeitungen musikalisch „unter einen Hut" zu bringen. Werner Götzinger gelang eine verständnisvolle und verständliche- Einführung in den Zyklus des 1946 in Schönenberg geborenen Eichners, der neben Prof. Karl Marx und Prof. Kadow von den Kölner Werkschulen auch Josef Beuys und Rolf Sackenheim als seine Lehrer bezeichnen kann. Für die sehr passende weil zauberflötige - musikalische Umrahmung sorgten Barbara Medick, Lehrerin, und Franziska Krumpen, Schülerin der hiesigen Musikschule. Das Duo spielte hübsche Arrangements bekannter Zauberflötenmelodien für zwei Querflöten. Es ist sinnvoll, ein wenig Kenntnis der „Zauberflöte" mit zum Glaspavillon zu bringen, um das Werk des Eichners entsprechend würdigen zu können. Zumindest die Namen der Personen und ihre Funktion innerhalb des Geschehens sollte gedanklich griffbereit sein, um die Interpretationsansätze deuten zu können, die den Exponaten aus Ton, Terrakotta, Zement und Bronze innewohnen. Auch eine Berücksichtigung der künstlerisch-gedanklichen Herkunft des Eichners ist sinnvoll, weil sie den Weg der Interpretationen entscheidend mit prägt. Denn die „Vorbilder" seiner Umsetzung findet der Eichner in aktuellen Inszenierungen der Oper, die freilich alle noch nach dem seit rund dreieinhalb Jahrzehnten favorisierten Prinzip des Regietheaters erstellt worden sein dürften. Herauszufinden in wie weit damit die eigenen Vorstellungen harmonisieren, bleibt freilich jedem Betrachter selbst überlassen. Vielleicht ist es auch nicht ganz uninteressant zu wissen, daß der gedankliche Ursprung des im vorigen Jahr entstandenen Zyklus zurückreicht in das Jahr 2002, in welchem dem Künstler das ungewöhnliche Interesse seiner damals zweijährigen Tochter Anastasia an der „Zauberflöte" auffiel. Die Ausstellung ist noch bis zum 30. Mai zu sehen und lohnt auch einen mehrmaligen Weg zum Glaspavillon, nicht zuletzt der differenzierten natürlichen und künstlichen Lichtverhältnisse halber, die den Exponaten zusätzliche Vielfältigkeit verleihen.        -THB-

 (Wir Swisttaler vom 12.5.04)